GV 1.12.2021, Traktandum 1

Ortsplanungs-Teilrevision betreffend Gewässerräume & BMBV; Genehmigung

Einleitung

Die «baurechtliche Grundordnung» einer Gemeinde (auch kommunale Nutzungsplanung genannt) besteht aus Baureglement und Zonenplan, den Prozess zur Erarbeitung nennt man «Ortsplanungsrevision». Die aktuelle baurechtliche Grundordnung der Gemeinde Unterlangenegg wurde im Jahr 2009 durch das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) genehmigt.

In der Zwischenzeit ist einerseits auf Bundesebene eine neue Gewässerschutzgesetzgebung in Kraft getreten, andererseits hat der Kanton die Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen (BMBV) beschlossen. Aufgrund dieser beiden Vorgaben werden Anpassungen an der baurechtlichen Grundordnung notwendig. Die Gewässerräume hätten im Zonenplan bis 2018 ausgeschieden werden müssen, die Anpassung des Baureglements an die BMBV bis 2023.

Erwägungen Teilrevision oder Gesamtrevision

Es stellte sich die Frage, ob für die Änderungen eine Ortsplanungs-Teilrevision oder eine Gesamtrevision durchgeführt werden soll: Mit der Teilrevision sind praktisch nur redaktionelle und technische Anpassungen oder materielle Änderungen geringfügiger Natur möglich, bei der Gesamtrevision erfolgt eine komplette Überarbeitung

Die letzte Gesamtrevision fand 2009 statt, wobei auch viel Bauland eingezont werden konnte. Dies verlieh der Gemeinde zweifellos einen Entwicklungsschub, der bis heute anhält. Das neue Bauland aus 2009 war sehr gefragt und ist nun nach reger Bautätigkeit praktisch aufgebraucht. Aufgrund der sogenannten «Planbeständigkeit» ist eine erneute Anpassung erst nach 8 – 10 Jahren wieder erlaubt, was also spätestens seit 2019 der Fall wäre. Aufgrund des strenger gewordenen Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) erhalten jedoch peripher (abseits der Zentren) gelegene Gemeinden wie Unterlangenegg praktisch kein neues Bauland mehr. Gemäss Schreiben des AGR vom 23.11.2020 wird der Gemeinde gerade einmal ein Wohnbaulandbedarf von 462 m2 zugestanden, was kaum für eine Baulandparzelle ausreicht. Der Gemeinderat hat deshalb in Anbetracht des geringen Nutzens entschieden, bis auf Weiteres auf die kostenintensive Planungsarbeit einer Gesamtrevision zu verzichten und die Pflichtaufgaben «Gewässerräume» und «BMBV» nur im Rahmen der viel günstigeren Teilrevision umzusetzen. Die nun vorliegende Teilrevision der Ortsplanung setzt also lediglich die Aufgaben der übergeordneten Planungen und Gesetzgebung um.

Gewässerräume

Die eidgenössische Gewässerschutzgesetzgebung verlangt, dass an Gewässern ein Gewässerraum (Korridor) ausgeschieden wird. Der Gewässerraum wird neu im «Zonenplan Gewässerraum» grundeigentümerverbindlich festgelegt. Bereits im Baureglement 2009 wurde ein Bauabstand von Gewässern definiert. Er betrug für die Rotache & Zulg 20 m, für Brüggetlisgraben, Bachgraben & Hirsigraben 10 m und für die übrigen Fliessgewässer 5 m. Gemessen wurde dieser Abstand ab Fuss der Ufer-Böschung bei mittlerem Wasserstand.

Neu wird ein Gesamtkorridor festgelegt, der ab Mitte des Bachbetts gemessen wird. Bei der Zulg beträgt dieser 45 m, also beidseits je 22.5 m, bei der Rotache 38 m (je 19 m) beim Bach an der Grenze zur Gemeinde Fahrni 14.5 m (je 7.25 m) und bei den übrigen Gewässern 11 m (je 5.5 m). Die Gewässerräume wurden dadurch teilweise sogar kleiner, bspw. an der Rotache.

Messung Gewässerraum bisherMessung Gewässerraum neu

Zur Festlegung der Korridorbreiten (in obiger Grafik “Gewässerraum (a)” genannt) mussten vorgängig in einem komplexen Verfahren die natürlichen Gerinnesohlenbreiten ermittelt werden. Dabei war zu berücksichtigen, wie stark der natürliche Flusslauf beispielsweise durch Kanalisierungen und Schwellen bereits beeinträchtigt ist, woraufhin unterschiedliche Umrechnungsfaktoren zur Anwendung kamen.

  • natürliche, naturnahe unverbaute Gewässer                            = x1
  • wenig beeinträchtigte Gewässer, teilweise begradigte Ufer     = x1.5
  • stark beeinträchtigte, naturfremde bis künstliche Gewässer    = x2

Je stärker der Flusslauf also bereits beeinträchtigt ist, desto höher der Umrechnungsfaktor. Die «effektive Gerinnesohlenbreite» vor Ort wurde mit dem entsprechenden Faktor multipliziert, um so die mutmasslich «natürliche Gerinnesohlenbreite» zu erhalten. Einzelne Gewässerabschnitte wurden aufgrund der vorhandenen Ufervegetation noch ein wenig erhöht. Wo dies der Fall ist, wird im Erläuterungsbericht erwähnt.

Auswirkungen

Wie im bisherigen Bauabstand sind im Gewässerraum nur standortgebundene und im öffentlichen Interesse liegende Bauten und Anlagen zulässig. Der Gewässerraum von offenen Fliessgewässern darf sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Bauzone nur extensiv genutzt werden. Für eingedolte Gewässer gelten weiterhin keine Bewirtschaftungsbeschränkungen.

BMBV (Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen)

Im Rahmen der Anpassung des Baureglements an die BMBV wurden auch die weiteren Bestimmungen überprüft. Ziel war ein einfach anwendbares Baureglement. Als Grundlage diente das Muster des Kantons (AGR) sowie eine Vorlage der georegio ag. Diese sind auf die Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen (BMBV) abgestimmt. Das Baureglement besteht aus einem normativen Bereich mit den eigentlichen Festlegungen sowie Fussnoten mit Erläuterungen und Hinweisen auf das übergeordnete Recht.

Änderungen

Zu den wesentlichen Änderungen zählen:

  • die Einleitung mit einer Lesehilfe
  • die Unterteilung des BauR in normativen Inhalt und Hinweise im Anhang
  • Berücksichtigung der Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen (BMBV)
  • der Verzicht auf Festlegungen, die bereits übergeordnet geregelt sind. Auf wichtige übergeordnete Festlegungen wird im unverbindlichen Anhang verwiesen.

Das Baureglement wurde zudem gestützt auf die bisherigen Erfahrungen und bezüglich möglicher Hindernisse für die Siedlungsentwicklung nach innen überprüft. Bei der Lockerung der Bauvorschriften musste zwischen dem Ziel, die bestehenden Bauzonen besser auszunutzen, und dem Schutz des Ortsbildes abgewogen werden.

Die materiellen Änderungen, die im Baureglement vorgenommen wurden, sind im Erläuterungsbericht dokumentiert. Hier ein Anschauungsbeispiel, mit welchen Fragestellungen die Begleitgruppe (bestehend aus dem Ackerbaustellenleiter sowie Mitgliedern von Planungsbüro, Gemeinderat und Verwaltung) konfrontiert war und wie dieses Problem gelöst wurde:

Gemäss neuer Messweise sind Anbauten bei der Gebäudelänge dazuzurechnen. Es galt eine Lösung zu finden, damit nicht bei vielen bestehenden Bauten die Gebäudelänge überschritten ist und auch zukünftig in etwa gleich grosse Bauten mit Anbauten erstellt werden können.
Lösung: Die zulässigen Gebäudelängen gemäss Art. 4 wurden um 5.0 m erhöht. Gleichzeitig wurde in einem neu eingefügten Absatz 2 festgehalten: «Die Hauptbaute muss die zulässige Gebäudelänge um mind. 5.0 m unterschreiten, um allfällige Anbauten zu ermöglichen».

Im Auflageexemplar des Baureglements sind alle diese Änderungen in blau hervorgehoben. Eine Gegenüberstellung aller angepasster Artikel findet sich in Anhang 3 des Erläuterungsberichts.

Bisherige Verfahrensschritte

  • Die öffentliche Mitwirkung fand vom 10. Januar bis 10. Februar 2020 statt (publiziert im Thuner Amtsanzeiger vom 9.01. & 16.01.2020). Während dieser Zeit sind die Unterlagen öffentlich auf der Gemeindeverwaltung aufgelegen und waren im Internet abrufbar. Der Gemeinderat hat zudem am 21. Januar 2020 eine Sprechstunde zur Klärung von konkreten Fragen aus der Bevölkerung angeboten. Diese wurde nicht in Anspruch genommen.
  • Im April 2020 wurden die Akten für die kantonale Vorprüfung ans AGR überwiesen. Der Vorprüfungsbericht ging am 7. August 2020 ein.
  • Nach Überarbeitung der AGR-Vorbehalte erfolgte vom 7. Januar bis 8. Februar 2021 die öffentliche Auflage (publiziert im Amtsblatt vom 6.01.2021 und im Thuner Amtsanzeiger vom 7.01. & 14.01.2021)
  • Am 11. März 2021 fanden die Einspracheverhandlungen statt.
  • Nun liegen noch die Genehmigungsakten 30 Tage vor der beschlussfassenden Gemeindeversammlung vom 1. Dezember 2021 auf.

Die Genehmigungsakten

Mit den Genehmigungsakten aufzulegen, aber nicht zu genehmigen, ist der Erläuterungsbericht. In diesem werden die vogenommenen Anpassungen im Detail erklärt.